Magersucht (Anorexia Nervosa)


Die Anorexia nervosa (griech./lat.: etwa „nervlich bedingte Appetitlosigkeit“), auch Anorexia mentalis oder Magersucht genannt, ist eine psychische Störung aus dem Bereich der seelisch bedingten Essstörungen.Anorexia nervosa ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff Anorexie, welcher lediglich allgemein eine Appetitlosigkeit beschreibt, gleich welcher Ursache.

Die meisten Erkrankten leiden an einer Körperschemastörung: Sie nehmen sich trotz Untergewichts als zu dick wahr. Ihr Selbstwertgefühl hängt nicht nur von allgemeinen Leistungen in Beruf, Hobby oder Privatleben, sondern besonders stark auch von der Fähigkeit ab, das Körpergewicht kontrollieren zu können.

Die Anorexia nervosa ist mit einer geschätzten Prävalenz von 0,7 % unter weiblichen Teenagern zwar seltener als die Bulimie, zeigt aber nicht selten mit schweren körperlichen Komplikationen einen deutlich ungünstigeren Verlauf. Die Erkrankung beginnt am häufigsten im Teenager-Alter, wobei eine Diät, die anschließend außer Kontrolle gerät, ein Einstieg sein kann. Die Krankheit kann jedoch auch bei Erwachsenen oder bereits vor Eintritt der Pubertät auftreten. Einer von zwölf Erkrankten ist männlich.

Die Erkrankung kann nur selten durch eine kurze Behandlung geheilt werden. Häufig ist der Krankheitsverlauf langwierig, ebenfalls häufig lässt sich mit den zur Verfügung stehenden Therapien keine Heilung erreichen. Magersucht zählt zu den psychischen Krankheiten mit der höchsten Sterberate. Etwa 15 Prozent der Erkrankten sterben daran.

Das Kennzeichen der Anorexia nervosa ist die selbst herbeigeführte Gewichtsabnahme, die durch Verminderung der Nahrungsaufnahme erreicht wird, wobei besonders Nahrungsmittel, die als „fett machend“ angesehen werden, weggelassen werden. Es gibt auch einen der Bulimia nervosa ähnlichen „Purging-Typ“ der Anorexia nervosa (engl.: to purge = abführen). Die an diesem Typ Erkrankten beschleunigen ihre Gewichtsabnahme durch selbst ausgelöstes Erbrechen, missbräuchliche Einnahme von Appetitzüglern, Laxantien (Abführmitteln) oder Diuretika, Verwendung von Klistieren oder exzessive sportliche Betätigung.

Das Hauptunterscheidungsmerkmal (Differentialdiagnose) zur Bulimia nervosa ist das Körpergewicht. Eine Anorexia nervosa wird diagnostiziert, wenn ein selbst herbeigeführtes Untergewicht besteht und der Body-Mass-Index unter 17,5 liegt.

Die Gedanken der Kranken sind eingeengt und kreisen stets um die Themen Ernährung, Gewicht und Körperschema.

Die Kranken sind sehr kälteempfindlich und ihre Körpertemperatur kann erniedrigt sein, weil der Körper den Stoffwechsel herunterfährt und das wärmedämmende subkutane Körperfett fehlt. Weitere Symptome sind Schwindelgefühle, Ohnmachtsanfälle und hormonelle Störungen. Zudem kann es zu trockener Haut und zum Wachsen von Lanugohaaren an Rücken, Armen und Gesicht kommen.

Bei Frauen bleibt die Periode aus (Amenorrhoe). Die Einnahme der Antibabypille überdeckt dieses Symptom, daher ist das Auftreten der Monatsblutung kein sicheres Ausschlußkriterium für Anorexia nervosa. Die künstlich zugeführten Hormone regulieren jedoch nicht den gesamten gestörten Hormonhaushalt.

Beginnt die Krankheit vor der Pubertät, endet das Größenwachstum vorzeitig und die Geschlechtsreife tritt nicht oder nur verzögert (Pubertas tarda) ein: Bei Mädchen entwickelt sich die weibliche Brust dann nicht, bei Jungen bleibt die Entwicklung der Hoden und des Penis aus.

Die Magersucht ist eine schwere, unter Umständen tödliche Erkrankung. Das extreme Untergewicht verursacht körperliche Folgen:

  • Herz: verlangsamter Herzschlag, niedriger Blutdruck, Veränderungen bei der Erregung des Herzmuskels (besonders: verlängertes QT-Intervall) und Herzrhythmusstörungen, woraus ein plötzlicher Herztod folgen kann.
  • Blut: Störungen der Elektrolyte (besonders gefährlich: Hypokaliämie mit Herzrhythmusstörungen), Unterzuckerung, Blutarmut, Leukozytopenie und Thrombozytopenie.
  • Hormone: niedrige Konzentrationen von Geschlechtshormonen (LH, FSH, Östrogen), dadurch: Amenorrhoe, Unfruchtbarkeit, mitunter Ausbleiben des Brustwachstums bei Frauen. Verlust von Libido und Potenz bei Männern. Niedrige Konzentration von Schilddrüsenhormonen. Leicht erhöhte Konzentration von Glukokortikoiden.
  • Knochen: Osteoporose mit erhöhtem Risiko einer Fraktur.
  • (falls häufiges Erbrechen) Zähne: Erosionen durch Magensäure, Karies.
  • Organe: Darmträgheit und chronische Verstopfung, Magenkrämpfe, Übelkeit, Nierenversagen, Blasenschwäche (Inkontinenz).
Bis zu 15 % der Erkrankten sterben – entweder durch Komplikationen wie Herzstillstand oder Infektionen, oder aber durch Selbstmord. Ein Teil der überlebenden Patienten leidet zeitlebens an Langzeitfolgen wie Osteoporose oder Niereninsuffizienz.



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Anorexia_nervosa